2013-08-07

Hunger ist kein Naturgesetz, sondern politisch gewollt


Jean Ziegler – Hunger als Waffe, Nahrungsmittel als Spekulationsobjekte und was man dagegen tun kann

von Thomas Kaiser

Der US-amerikanische Börsenindex und die deutsche Börse haben vor kurzem ein sogenanntes Allzeithoch erreicht und damit die Verluste, bedingt durch die 2008 begonnene Finanz- und Wirtschaftskrise, wieder wettgemacht. Es herrscht einmal mehr «Casino-Stimmung» und die Folgen, die ein ungezügeltes Spekulieren an der Börse nach sich zieht, scheinen ausgeblendet. Wer nicht dabei ist, hat bald einmal das Gefühl, eine Chance verpasst zu haben, schnelles Geld zu generieren. Alles scheint vergessen, was noch vor ein paar Monaten das Tagesgeschehen bestimmt hat: dass unsere Staaten heillos verschuldet sind, dass die westlichen Regierungen Billionen in den Markt gepumpt haben, damit die unsäglichen Spekulationsgeschäfte weitergehen, dass man Privateigentum zwangsenteignet, um die fälligen Schulden des Staates zu bezahlen, und was sich die Regierungen alles einfallen lassen, um das «Casino» weiter am Leben zu halten.
Doch während die Gewinne an der Börse ins Unermessliche steigen, schnellen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe. Frankreich, Italien, Portugal, Spanien; letzteres hat zum Beispiel eine Jugendarbeitslosigkeit, die die 50-Prozent-Marke überstiegen hat.
Wenn wir diese Entwicklung betrachten, müssen wir uns bewusst sein, dass ungerechterweise nur ein verschwindend kleiner Teil der Menschheit von den Spekulationen profitiert. Der grösste Teil steht auf der Verliererseite und trägt die Lasten dieser ungerechten Verteilung. Am schlimmsten sind diejenigen betroffen, die aus den Ländern der dritten Welt kommen und nichts oder fast nichts zu essen haben, während auch Lebensmittel an der Börse zu Höchstpreisen gehandelt werden. Und das hängt mit der allgemeinen Entwicklung zusammen und ist ein Resultat dieser «Casino»-Stimmung. So verdoppelte sich 2011 der Marktpreis des Weizens. Dazu kommt noch die Spekulation von der «Quelle» bis zum Verkauf. Bevor eine Ladung dieses lebenswichtigen Gutes im Bestimmungsland ankommt, wechselt es mehrmals den Besitzer und wird am Ende um ein Vielfaches des ursprünglichen Wertes verkauft. Länder, die diesen Weizen dringend benötigen, können sich ihn kaum noch leisten, weil die Menschen nicht in der Lage sind, den Preis dafür zu bezahlen. Ist das unser soziales System, das die Menschheit – in der Lage, höchste technologische Ansprüche zu erfüllen – im Zeitalter des Homo sapiens sapiens entwickelt hat?
1,2 Milliarden Menschen leben in «extremer Armut»

Einer, der immer wieder auf das schreiende Unrecht aufmerksam gemacht hat, ist der streitbare Soziologieprofessor Jean Ziegler.

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