2013-03-26

Die EU entwickelt sich planmässig: Von der Gemeinschafts- zur Zentralinstitution

von Prof. Dr. Eberhard Hamer
Der englische Premierminister Cameron will nicht mehr mitmachen: Europa entwickele sich viel zu zentralistisch, reisse die Kompetenzen an sich und werde zu teuer. Die alte englische Demokratie sei durch diesen neuen Zentralstaat in Gefahr.
Gleich fielen die ­Politkommissare der EU und die Regierungschefs der von Brüssel finanzierten Mitgliedsländer über Cameron her und versuchten, seine Meinung zu isolieren, um sie nicht bestätigen zu müssen.
Da platzte Ende Januar die überfällige Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Abgeordneten Schäffler (FDP) nach den Gehältern der EU in die Europa-Pläne über eine heftige Haushaltserhöhung:
4365 Beamte der Eurokratie verdienen mehr als die Bundeskanzlerin, mehr als 30 000 (von 50 000) verdienen mehr als ein Staatssekretär oder ein Bundesminister bei uns und 26 292 einfache Übersetzer verdienen in Eu­ropa mehr als ein Bundestagsabgeordneter.

Eurokratie beansprucht die Oberregierung

Per Saldo hat sich also die Eurokratie nicht nur wie eine Krake vermehrt, sondern auch noch an die Spitze aller europäischen Gehaltspyramiden gesetzt. Die Empörung darüber in Deutschland versteht das Politbüro in Brüssel nicht: Man sei doch Oberregierung über die nationalen Regierungen, dürfe also höhere Ansprüche haben und sei schliesslich für ganz Europa statt nur für ein Land zuständig.
Die Gehälterfrage ist ein weiteres Symp­tom einer zielbewussten Machtverschiebung in Europa: Statt dem «Europa der Vaterländer» hat schon der Vertrag zu Brüssel ein Einheitseuropa mit Einheitsbürgern und abgeschafften Nationalitäten – also den Zentralstaat mit Provinzen – geschaffen. Dass dies unter Bruch deutscher Verfassung (Staatsstreich) eine nationale Entdemokratisierung durch Euro-Zentralisierung war, ist in der Presse geflissentlich verschwiegen worden.
Wie zielbewusst das Zentralkomitee in Brüssel die Macht in Europa zentralisiert, hat der selbsternannte «EU-Lautsprecher» Juncker zum Besten gegeben: «Wir beschliessen etwas, stellen es dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es kein grosses Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt …». So läuft die Entdemokratisierung in Europa und die Machtergreifung der Brüsseler Politkommission.

Dahinter stehen die Ziele der Welt-Finanzindustrie

Hinter dieser Zentralisierung Europas stehen die Ziele der Welt-Finanzindustrie. Schon 1991 hat David Rockefeller der Presse der Welt für ihre Diskretion für die eigentlichen Ziele der Bilderberg-Gruppe gedankt: «Es wäre unmöglich gewesen, dass wir unseren Plan für die Weltherrschaft hätten entwickeln können, wenn wir Gegenstand der öffentlichen Beobachtung gewesen wären. Aber die Welt ist jetzt weiterentwickelt und darauf vorbereitet, in Richtung einer Weltregierung zu marschieren. Die supranationale Souveränität einer intellektuellen Elite und der Weltbanker ist sicher der nationalen Souveränität, wie sie in der Vergangenheit praktiziert wurde, vorzuziehen.»

ESM ist das Resultat eines Zweiten Ermächtigungsgesetzes

Diesem Ziel der Weltregierung ist die Hochfinanz durch die Euro-Krise ein ganzes Stück näher gerückt: Sie hat mit der Zustimmung der Mitgliedsländer zum ESM (Europäisches Schulden-Monster) praktisch ein Zweites Ermächtigungsgesetz geschaffen, welches die nationale Souveränität über die Finanzen aushebelt, die Länderparlamente finanziell entmündigt, eine Schulden- und Haftungsunion schafft und die Finanzhoheit aus den Mitgliedsländern in eine parlamentarisch nicht kontrollierte, frei operierende und haftungsfreie Euro-Oberfinanzbehörde konzentriert.
Der ESM darf jederzeit jeden Betrag den Mitgliedsländern abfordern und jederzeit jede Höhe von Schulden machen oder aufnehmen und nicht nur an Länder, sondern auch an Banken verteilen. Das höchste parlamentarische Souveränitätsrecht – Kontrolle über Staatsausgaben und Staatseinnahmen zum Schutze der Bürger – ist damit für alle Mitgliedsländer indirekt ausgehebelt und der Finanzoberbehörde zugeordnet.
Was ist demokratische Selbstbestimmung noch wert, wenn man über die Finanzen nicht mehr bestimmen kann, wenn andere Länder und sogar fremde Banken durch üppige Verschuldung europaweit bestimmen können, was solidere Länder und sogar künftige Generationen dafür zurückzahlen müssen? Die Transfer-, Haftungs- und Fiskalunion sind das Ende innerstaatlicher Finanzhoheit der Mitgliedsländer durch das Ermächtigungsgesetz der Zustimmung zum ESM.
Als weiterer Staatsstreich ist das «ewige Demokratiegebot» unseres Grundgesetzes ausgehebelt worden. Trittin und Steinbrück wollen noch einen Schritt weiter gehen: Sie wollen durch Eurobonds Deutschland künftig auch für alle zusätzlichen Bankenzockereien, faulen Kredite, faulen Finanzprodukte und hemmungslosen Verschuldungen der Mitgliedsländer haften lassen, also alle Risiken aller Mitgliedsländer und ihrer Banken europäisch sozialisieren, letztlich also nur auf die vier Zahler-Mitgliedsländer – vor allem Deutschland – abladen.

Es geht gegen den Nationalstaat

Es hängt offenbar wiederum mit unserer ferngelenkten Presse in Deutschland zusammen, dass gegen das Schuldenmonster ESM, gegen die Verlagerung der Finanzhoheit und gegen die Schuldenunion nicht ein Aufschrei der Entrüstung durch Deutschland gegangen ist – zumindest bei den 50% mittelständischen Leistungsträgern, welche 80% der Steuern und Sozialabgaben jetzt schon in Deutschland und künftig auch noch für Europa zu zahlen haben. Die meisten Menschen haben offenbar noch gar nicht begriffen, was im Herbst 2012 an grundsätzlicher Entdemokratisierung und Euro-Zentralisierung geschehen ist. Künftige Generationen werden uns mit Recht vorwerfen (wie wir unseren Vätern): «Warum habt ihr dieses Zweite Ermächtigungsgesetz nicht verhindert?» Beim Ersten Ermächtigungsgesetz ist aus der Demokratie eine nationale Diktatur entstanden, beim zweiten Ermächtigungsgesetz eine Euro-Finanzdiktatur. Aber wer protestiert hat, wurde (wie der Abgeordnete Schäffler, FDP) politisch diffamiert oder totgeschwiegen. Finanzminister Schäuble entschuldigte sich wenigstens damit, dass wir ja nicht souverän, sondern immer noch ein besetztes Land seien. Zu Recht weist er darauf hin, dass bei uns nicht geschieht, was die Parteien wollen, sondern was die internationale Hochfinanz und ihre Stellvertreter in Brüssel wollen. Sie wollen die ganze Welt beherrschen (Eine-Welt-Herrschaft) und zur Durchsetzung dieser kapitalistischen Globalisierung und Vereinheitlichung alle Hemmnisse systematisch beseitigen. Zu diesen Hemmnissen gehören insbesondere die Nationalstaaten, deren Souveränität schrittweise an supranationale Organisationen übertragen wird. Ebenso wird die schlichte Existenz von Völkern als Hemmnis empfunden, die deshalb zu durchmischten Bevölkerungen gemacht werden. Zu diesem Zweck wurde die Inquisition gegen «Rassismus» (Immigrationsablehnung) und «Kampf gegen Rechts» (nationales Denken) mit zwingenden Haftstrafen eingeführt.

Die Rolle der Bilderberger

Auf diese globalisierte Gross­agenda ist die gesamte politische Klasse verpflichtet. Beispiele sind die vor einem Jahr erstmals zum Bilderberger-Treffen (die 130 wichtigsten Weltrepräsentanten) statt Merkel zugelassenen (offenbar neu auserkorenen) Regierungsaspiranten Steinbrück und Trittin, die seitdem Eurobonds, also die Europa-Verschuldung ihrer deutschen Bürger und Wähler, fordern. Wie kommen Politiker dazu, die Interessen ihrer eigenen Wähler zugunsten internationaler Kräfte zu verraten, wenn nicht die Macht von oben inzwischen viel stärker ist als die Furcht vor dem Wähler unten?
Dafür dass der britische Premier Cameron jedenfalls für seine englischen Wähler den Euro-Schuldenbetrug nicht mitmachen will und ein Ermächtigungsgesetz mit Abgabe der Finanzsouveränität an die Euro-Oberbehörde ESM ablehnt und dass er nicht die Zentralisierung Europas auf Kosten von nationalen Demokratien reduzieren will, sollten wir ihm danken. Er hat die Diskussion über den falschen Zentralisierungs- und Sozialisierungsweg Europas neu eröffnet. Wollen wir wirklich, dass die Völker Europas sich nicht mehr unterscheiden, dass sie ihre Identität (durch Zuwanderung) verlieren, dass sie Einheitseuropäer werden? Und wollen wir, dass der deutsche Steuerzahler für allen Bankenleichtsinn und für alle Schuldenorgien der Südländer unbegrenzt haften und zahlen muss? Und glauben wir gar, dass demokratische Selbstbestimmung gegenüber der Euro-Zentralisierung (Euro-Diktatur) schon nicht mehr durchsetzbar wäre?

Jetzt gilt es, die Demokratie zu retten

Schon oft sind im Laufe der Geschichte Demokratien wieder in Zentralherrschaften und sogar Diktaturen umgekippt, wenn die Bevölkerung ihre Demokratie nicht national verteidigte. Nur im überschaubaren Raum einer Gemeinde, einer Region oder einer Nation ist demokratische Staatslegitimation durch Wahlrecht überhaupt sinnvoll. Internationale Konglomerate unterschiedlicher Völker mit unterschiedlichen Bedingungen und unterschiedlichen Kulturen können nur durch Zentralgewalt zusammengezwungen werden – wie die Theoretiker der «Eine-Welt-Regierung» dies ja auch vorsehen.
Das zentralistische EU-Politbüro bedroht inzwischen unsere Demokratie, die Selbstbestimmung unserer Völker, unsere Nationen, unsere finanzielle Solidität. Es wird Zeit, diesen Bestrebungen zu widerstehen, statt sie zu unterstützen. Der kommende Bundestagswahlkampf sollte sich daher nicht mit untergeordneten Themen, sondern sich mit dieser für unsere Demokratie zentralen Schicksalsfrage auseinandersetzen! Und wir Bürger und Wähler sollten die Politiker danach wählen, ob sie unsere Demokratie reduzieren oder wiederbeleben wollen!    •

Aus Zeit - Fragen Nr. 11/2013

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